Hunter Beaumont

 

Auf die Seele schauen

 

Am 5. Juni 2023 ist Hunter Beaumont nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.

Ich bin sehr traurig. Und zutiefst dankbar. 15 Jahre habe ich bei ihm lernen dürfen, tiefenpsychologische Ausbildung und danach zehn Jahre achtsame Selbsterkundung unter dem Titel Lebensschule, beides gemeinsam mit Gila Rogers. Kein Lehrer hat mich mehr geprägt, von keinem Menschen habe ich mich so präzise gesehen gefühlt. Meine beiden wesentlichen persönlichen Wege habe ich über ihn gefunden, die Aufstellungsarbeit und die Ridhwan-Schule. Vor wenigen Monaten noch hatten wir eine sehr nahe und schöne Begegnung. Da war es in keiner Weise spürbar, dass es die letzte sein würde.

Hunter hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Aufstellungsarbeit ins internationale Feld wachsen konnte. Eine Weile stand er Bert Hellinger persönlich sehr nahe. Als in USA bekannter Psychotherapeut hat er Türen geöffnet und die ersten Seminar-Reisen gemeinsam mit ihm gestaltet. Das erste Buch zur Aufstellungsarbeit, „Zweierlei Glück“ von Gunthard Weber, hat er ins Englische übersetzt und, um wesentliche inzwischen entwickelte Aspekte der Aufstellungsarbeit ergänzt, in USA unter dem Titel „Love`s Hidden Symmetry“ veröffentlicht. Später wurde es in andere Sprachen, z.B. ins chinesische übersetzt. Die ersten internationalen Weiterbildungen in Bernried hat er viele Jahre lang geleitet. Die Gründung der International Systemic Constellation Association, ISCA hat er mitgestaltet, für die ersten Jahre ist er ihr Chairman gewesen.

Hunter hat eine besondere Art von Psychotherapie gelehrt. Nach vielen Jahren hat er einige seiner Vorträge in einem Buch veröffentlicht: „Auf die Seele schauen - Spirituelle Psychotherapie“. Immer hat er betont, dass es oft auch eine ganz andere, konkret z.B. verhaltenstherapeutisch anpackende Psychotherapie braucht. Seine Arbeit war anders. Eine spirituelle Psychotherapie, jenseits des Denkens und Machens. Eine Offenheit im Herzen, eine Weite im inneren Raum und eine Tiefe in der seelischen Erfahrung öffnen, aus der heraus berührende und befreiende Aha-Erlebnisse geschenkt werden. Das geht weit hinaus über das Wegmachen eines konkreten Problems. Die Persönlichkeit wächst auf ungeahnte Weise in ihr Potenzial. Der wesentliche Faktor dabei ist etwas, dass Hunter auf unvergleichliche Weise konnte. Als Therapeut mit der eigenen Seele in tiefen mitfühlenden Kontakt gehen, sich aussetzen und mitschwingen. Auf den Punkt treffend beschreiben, was in der Seele des Klienten gerade geschieht. Die zutiefst berührende und heilsame Erfahrung schenken, präzise verstanden und gesehen zu sein. Mit der eigenen Seele einen Raum anbieten, der stabil ist und dem Klienten Vertrauen gibt, auch das Schmerzliche, Erschreckende oder Unverstandene zu erlauben. Im Vertrauen darauf, dass alleine dies eine Wirkung hat. Die Seele entspannt sich, findet Vertrauen, öffnet sich und wesentliches Neues kann sich entfalten. Bis in eine spirituelle Dimension hinein, die Erfahrung des eigenen Wahren Wesens. Dies ist ein Wort aus der Ridhwan-Schule. Als in Deutschland lebender Amerikaner hat er nicht nur der Aufstellungsarbeit die Türen nach Amerika geöffnet, sondern auch umgekehrt diesem modernen spirituellen Weg aus Kalifornien die Türen nach Deutschland. Viele Teilnehmer der ersten Gruppen in Deutschland kamen, wie ich, über ihn.

Hunter ist, ähnlich wie Bert Hellinger, seinem eigenen Weg und seiner eigenen Sichtweise immer radikal treu geblieben. Auf einer der Reisen mit Bert hat er gemerkt, dass dessen zum Teil schroffe Arbeitsweise seine eigenen Werte und seine Seele verletzt. Die beiden haben die Reise noch mit Anstand gemeinsam zu Ende gebracht und dann ehrlich und ernst voneinander Abschied genommen. Eine der wenigen Trennungen, die nicht von Bert, sondern vom Anderen ausgingen. Beide haben immer eine große gegenseitige Achtung bewahrt. Gleichzeitig hat Hunter in unserer Zeitschrift „Praxis der Systemaufstellungen“ verschiedentlich Bert widersprochen, z.B. immer wieder mit seiner Meinung: Wissenschaftliche Forschung ist wichtig und stört die Arbeit mit der Seele keineswegs.

Hunter war lebenslang ein Leser und ein Lernender. Immer wenn ich ihn traf, berichtete er begeistert von dem, womit er sich gerade beschäftigte. Immer wenn er gefragt wurde, konnte er spontan aus zwei Quellen auf den Punkt und fundiert antworten, der Literatur und seiner eigenen Einschätzung. Nicht umsonst hat die Universität München ihn für einige Jahre als Gastprofessor eingeladen, so kam er nach Deutschland. In meinen 15 Jahren mit ihm habe ich sehr viele seiner Seminar-Vorträge für mich und die Gruppe verschriftlicht. Häufig hat er inspiriert von großen spirituellen und psychotherapeutischen Lehrern vorgetragen, gleichzeitig war es immer von seiner ganz persönlichen Präzision und Tiefe geprägt.

Hunter war ein zutiefst bescheidener Mensch. Manche haben ihn anders erlebt und gesehen. Wenn er nicht einen Prozess leitete, bei nebenbei-Begegnungen auf größeren Veranstaltungen hatte er oft eine eigenartig unnahbare Ausstrahlung. Ich glaube, er musste seine zutiefst offene Seele oft ein wenig schützen. Das konnte man als Überheblichkeit missdeuten. Wer ihn von nahem kannte, wusste, wie sehr er seine eigene Person mit radikaler Ehrlichkeit erkundet und infrage gestellt und wie sehr er die Bewunderungs-Bühne gemieden hat. Es ging ihm nie darum, selber gut dazustehen, sondern um die beschriebene zutiefst präzise Schau auf das Wesentliche.

Ich glaube, jeder, der ihm nahegekommen ist, wusste trotzdem, dass er in ihm einem ganz Großen begegnet.

Thomas Hafer

 

Hunter Beaumont (*43 | 05.06.2023) ist verstorben.

Wir verneigen uns in Demut vor einem großen Lehrer, Therapeuten und weisen Mann. Wir Danken Dir für alles, was wir von Dir lernen konnten, was Du uns vermitteln konntest.

WIr eröffnen hier das Kondolenzbuch, wo gerne jeder seine Abschied eintragen kann.

Volker Fleing

Zum Tod von Hunter Beaumont
 

Die schwere Erkrankung und der Tod von Hunter Beaumont trafen uns unerwartet und schmerzen uns sehr. Wir (Albrecht Mahr, Jakob Schneider, Gunthard Weber) waren und sind Hunter in Gedanken und im Herzen sehr verbunden. Er war nicht nur ein außergewöhnlicher Kollege, Psychotherapeut, Aufsteller, Persönlichkeitsentwickler und Lehrer, er war uns ein naher Freund.

Seit 2005 kamen wir zu viert einmal im Jahr für dreieinhalb Tage zusammen, immer an einem anderen Ort vornehmlich im bayerischen Raum. Wir wanderten, genossen ein bisschen Kultur und tauschten uns über den jeweiligen Stand der Aufstellungsarbeit und ihre inhaltlichen Komplikationen aus. Vor allem aber sprachen wir über existentielle Lebensfragen, das, was uns persönlich bewegte und waren einfach zusammen.

Die Offenheit von Hunter, sein Forscherdrang in Persönlichkeitsfragen, seine kraftvolle und ruhige seelische und geistige Präsenz sind aus unserem Zusammensein nicht wegzudenken und werden uns weiterhin begleiten.

Unsere jeweilige Geschichte mit Bert Hellinger hat uns zusammengeführt. Kurz nach Bert’s Tod haben wir sein frisches Grab besucht und einen Sonnenblumenstrauß niedergelegt. Wir haben noch einmal vieles aus unseren persönlichen Beziehungen zu Bert angesprochen, Verbindendes und Trennendes, Bereicherndes und Schmerzvolles. Das gemeinsame Abschiednehmen, durchaus heiter, tat gut.

 Hunter hat Bert Hellingers Aufstellungsarbeit sehr früh mitgetragen, begleitet, auf unterschiedlichste Art gefördert und in seiner unnachahmlichen  Art, mit Menschen zu arbeiten und seine Erfahrungen mitzuteilen, integriert. Ende der 90iger Jahre hat er in Zist mit einigen Kollegen „der ersten Stunde“ und noch mit Beteiligung von Bert Hellinger, die u.W. erste Fortbildung für die Aufstellungsarbeit auf den Weg gebracht und geleitet. Er brachte in Seminaren mit Bert Hellinger die Aufstellungsarbeit in die USA und förderte so auch dessen internationalen Ruf.

Die „International Intensives“, die er ab 2001 zusammen mit Lutz Bessel jedes Jahr für 80 bis 100 Teilnehmer aus ca. 30 Ländern zunächst in Zist, dann im Kloster Bernried organisierte, waren Highlights des Lernens und verbreiteten die Aufstellungsarbeit in der ganzen Welt. Hunter war ein wesentlicher Initiator von ISCA (International Systemis Constellation Association) und leitete und begleitete deren Entwicklung über viele Jahre. Aus den  großen Kongressen ist seine Mitarbeit nicht wegzudenken. Mit seinen großen Selbsterfahrungsseminaren vor allem in Zist gab er vielen Menschen entscheidende Entfaltungsimpulse und Lebensorientierungen. Bert Hellinger sagte einmal in einem persönlichen Gespräch, Hunter sei ein Großer, nur wisse er es nicht.                         Wir haben mit Hunter nicht nur einen hochgeschätzten Kollegen, sondern einen wahren Freund verloren. Er fehlt uns. In unserem Zusammensein und in unseren Erinnerungen wird er uns nahe bleiben.

Wir Drei, Gunthard, Jakob und Albrecht sind ja nun auch alle in den Achtzigern und werden in absehbarer Zeit Hunter folgen und ihn vielleicht wiedersehen. Sollte es unserer Vierertreffen auch dort wieder geben, würde uns das sehr freuen. 

Albrecht Mahr, Jakob Schneider und Gunthard Weber

 

 

Kommentare

Es ist stets ein Geschenk gewesen, Hunter lauschen zu dürfen, seine Worte haben tief berührt und innere Prozesse bewirkt. Dafür bin ich sehr sehr dankbar. Ich bewahre sein Andenken in meinem Herzen.

Elke Forster-Mahle

Ohne Hunter persönlich gekannt oder erlebt zu haben, hat er mich in seinen (Video-)Vorträgen sehr beeindruckt mit seiner Tiefe, Unmittelbarkeit, Klarheit und Präsenz. Er hat aus der Seele gesprochen und die Seele (auch meine Seele) erreicht. Dafür bin ich ihm zutiefst dankbar.

 

Ein persönlicher Nachruf auf Hunter Beaumont

„Das wichtigste, was Du deinen Klienten geben kannst, bist du selbst“

Am 5. Juni 2023 verstarb Hunter Beaumont nach kurzer, schwerer Krankheit.

Bin ich der Richtige, um einen Nachruf auf ihn zu verfassen? Ich stand ihm nicht nah, wir standen nicht in persönlichen Kontakt und doch nimmt Hunter eine wesentliche Stellung in meinem Lebenslauf ein, ohne die ich heute nicht der wäre, der ich bin. Aus dieser persönlichen Perspektive heraus möchte ich ihn und sein Lebenswerk hier würdigen.

Mit Hunter starb innerhalb einer überschaubaren Zeit nach Wolf Büntig und Hans Jellouschek ein weiterer Großer des freigeistigen Teils der deutschen Psychotherapie. Ich habe ihn zum ersten Mal kennengelernt bei einem Workshop beim IAG-Kongress 2007 in Köln. Einige Jahre später hat er mich in seine letzte vierjährige tiefenpsychologische Fortbildung am ZIST aufgenommen, nachdem ich mit viel Nachdruck darum gebeten hatte (ich war damals 28 und der Kurs richtete sich offiziell an „erfahrene Psychotherapeuten“). Ich erlebte ihn in diesen vier Jahren als Lehrer der Psychotherapie und des Lebens in einem umfassenden Sinne. Sein amerikanischer Pragmatismus, mittels dem er komplexe psychologische Themen erfahrbar und spürbar machte, seine breite Bildung, Humor, Intelligenz und Charisma – nachdem ich ihn erlebt habe, wusste ich, wie ich die Sache mit der Psychotherapie angehen wollte. Auch mit der Aufstellungsarbeit hat er sich nach der Begegnung mit Bert Hellinger intensiv befasst und ihm kommt insbesondere der Verdienst zu, diese in die Anglosphäre gebracht zu haben. Ich habe ihn jedoch so erlebt, dass er stets ein Therapeut war, der mit Aufstellungen arbeitet, jedoch nicht andersherum – auch in dieser Hinsicht war er mir als jungem Mann, der nach nichts inniger strebte, als Psychotherapeut zu werden, im Wortsinn ein Vorbild und ist es heute noch.

Wenn man mich fragen würde, welches meine erste Assoziation zu Hunter Beaumont wäre, würde ich antworten: Tiefe. Hunter besaß in seinem Sprechen und Handeln eine Bedeutungsschwere, zu der er selbst stand. Er hat sich selbst ernst genommen. Was er sagte, hatte Gewicht. Es hatte Tiefe. Er brauchte sich hierfür nicht zu strecken oder zu schauspielern – man spürte sofort, dass hier jemand etwas Wichtiges zu sagen hat. Wenn er das Wort Seele sprach, das für ihn etwas reales, unmittelbar Erfahrbares, etwas sich in uns Öffnendes bedeutete, öffneten sich spürbar die Seelen der Menschen in seinen Kursen und auch meine Seele öffnete sich und lauschte seinen Worten. Ich selbst komme an diesen Erfahrungen nicht mehr vorbei und sie haben in frühem Alter meine Identität als Therapeut und mein tiefes Interesse für die Seele geprägt.

Einmal sprach Hunter in unserer Fortbildung folgenden einfachen Satz: „Das wichtigste, was du deinen Klienten geben kannst, bist Du selbst“. Er selbst hat sich vielen Menschen und als Lehrer vielen Therapeuten selbst gegeben und sein Geist lebt so fort nach deinem Tod.

Farewell Hunter

Malte Nelles

 

Am Abend des 5. Juni 2023 erfuhr Hunter Beaumont die Vollendung seines Lebens, wie er es in seinen letzten Tagen benannte.

Als ich 1986 Hunter kennenlernen wollte, besuchte ich extra eine Vorlesung an der LMU-Universität in München. Seine Art andere Perspektiven zu wählen, substanziell und gehaltvoll zu sprechen sowie das Innerste dabei zu berühren, veranlasste mich, ein Jahr lang zu arbeiten für ein erstes Seminar bei ihm. Seine tief forschende Grundhaltung sowie phänomenologisch interessiert und liebend auf die Menschen zu schauen prägte meinen Ausbildungsweg grundlegend. „Was ist wesentlich? Was ist wirklich wesentlich?“ Diese seine Frage ging tiefer und tiefer aus Liebe zum wahrhaft Wesentlichen.

Manchmal verblüffte er mich und gab mir zu denken mit Aussagen wie: „Schmerz ist nicht wesentlich.“ Dem Wesentlichen liebend verpflichtet, konnte Hunter komplexe Zusammenhänge aus unterschiedlichen, wissenschaftlichen Bereichen auf einfache und die Seelen berührende Weise uns nahe bringen. Bei all seinem wertvollen Wirken und Wissen blieb Hunter stets ein berührbarer Mensch, der mit seinen menschlichen Themen sich verbunden hat mit all den ihm zuhörenden und mit ihm forschenden Menschen. Lieber Hunter, lieber Freund, lieber Lehrer, lieber Wegbegleiter, wie erfüllend zu wissen, dass du im Kreise deiner Familie innig und friedlich die Vollendung eines großen und gehaltvollen Lebens gefunden hast.

Mit meiner Liebe zum Wesentlichen, zur Schönheit und zu den Menschen trage ich all das, was ich von dir die letzten 37 Jahre erfahren habe und was uns über so lange Zeit verbunden hat, auf meine Weise weiter. Im Grunde meiner Trauer finde ich ausschließlich Liebe, Dankbarkeit und Freude. Danke. So verabschiede ich mich von dir, du feinfühlender, schöner Mensch, du Freund meiner Seele und vieler, vieler Seelen, du wunderbares interessiertes, forschendes, liebendes Wesen.

 

Karin Pixner

 

 

Am Himmel eine Wolke da,
und als ich sah, sie nimmer war.
Der Himmel ist geblieben,
das Licht aus weiten Fernen.
Selbst wenn Hunter gegangen ist,
wird er immer noch sein,
im Felsen,
im Meer,
in den Wellen,
im Licht der Sonne und des Mondes,
das auf ihn fällt, im Blühen und Wachsen,
in den Blumen und den Früchten,
und ihrem Vergehen,
eingegangen in die große Weltenseele,
aus der alles kommt und alles eingeht.
In unseren Herzen hat er einen Platz.
In dankbarer Verbundenheit,
Dietmar Höhne.

Singe Seele und die weite, tiefe Wirkung Deiner Arbeit werden fehlen. Danke, dass Du so viel von Dir und Deinem Wissen geteilt hast.
Von Herzen Danke!
Nadine Diewald

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